Gegen die Spaltung

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Gestern lese ich unter Tagesschau Investigativ einen Artikel zur Frage, ob freie Schulen das Einfallstor für Querdenker sind. Ich kenne viele Menschen, die an freien Schulen tätig sind oder dort ausgebildet wurden, und schätze diese für ihren Mut und Engagement zu einem pluralen Schulsystem. Und so gilt es aus meiner Sicht mehr denn je, den Pluralismus zu stärken und zu erhalten – und Diskurse zu führen …

Neuerdings redet die Presse von der „Pandemie der Ungeimpften„. Ich habe große Sorge, dass diese und andere Äußerungen zu immer mehr Spaltung führen. Wenn die Volksabstimmung in der Schweiz eine „klare Mehrheit“ von 62% für das „Covid-Gesetz“ gezeigt hat, dann haben auch gut ein Drittel der Bevölkerung dagegen gestimmt, in manchen Regionen und Gemeinden nahezu 50%. Und dies in einem konsensorientiertem Land, in dem es eine gute Tradition gibt, Bürger*innnen in Entscheide zum Wohle aller einzubinden. Da hat die Schweiz uns etwas voraus und man darf gespannt sein, ob und wie dieser Entscheid nun zur Befriedung beider Seiten dient.

So wie sich Menschen, die sich nicht impfen lassen möchten, sich achtsam für sich und andere verhalten und an die demokratischen Regeln halten müssen, so müssen Menschen, die in Politik, Presse und Zivilgesellschaft die Impfung für alle einfordern auch anerkennen, dass es andere Ansätze und Lösungen geben mag, die gehört und berücksichtigt werden wollen.

Wenn wir Menschen mit anderen Meinungen und Sorgen anerkennen, ihnen zuhören, mit ihnen ins Gespräch kommen und diese eben nicht als Schuldige suchen, dann leben wir wieder eine plurale Gesellschaft, die uns erst ermöglicht, wirklich gute und vielfältige Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft zu finden. Lasst uns die Intoleranz nicht tolerieren und das Gespräch zwischen unterschiedlichen Positionen suchen. Und diese Aufgabe nicht allein der Politik überlassen – sondern auch als Zivilgesellschaft vorangehen – gegen die Spaltung.

Danke.

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4 Responses

  1. Aurelia Delin
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    Danke euch allen für eure Beiträge. Die Spaltung der Gesellschaft ist viel gefährlicher als irgendein Virus. Und aktuell empfinde ich die absolut einseitigen Meinungsäußerungen als sehr besorgniserregend. Ich habe das Privileg täglich sowohl mit Geimpften, wie auch mit Ungeimpften zu verkehren und habe daher auch Zugang zu den Informationen, die aus der offiziellen Medienkanälen verbannt sind. In den sogenannten „alternativen „ Medien sind weder Rechtsextreme noch esoterische Spinner, sondern Menschen aus allen Berufsgruppen, besonders aber hochrangige Wissenschaftler, Ärzte, Pflegekräfte und Juristen aus aller Welt. Dort tauschen sich diese Menschen aus, die früher anerkannt waren und jetzt „gebannt“ sind, da sie nicht den öffentlichen Diskurs teilen können, auf Grund ihrer Forschungen und ihrer Beobachtungen. Eine Politik, die jeden wissenschaftlichen Austausch verhindert und es nur noch eine Meinung propagiert, ist im höchsten Maß fragwürdig, ja es sollten bei jedem die Alarmglocken schellen… vor allem bei uns in Deutschland…
    Die Impfung ist nur eine Möglichkeit, wobei es dazu sehr viele ungeklärte Fragen gibt, aber viel wichtiger ist, dass jede*r sich umsichtig verhält und vor allem das eigene Immunsystem auf Topform bringt. Angst, Schuldzuweisungen und Hass verringern enorm das Energieniveau, was einen „anfällig“ für Viren macht. Aus meiner Tätigkeit als Therapeutin (mit vielen Menschen, die Corona durchgemacht haben) sind wir durch die Corona-Krise aufgefordert unsere eigenen Ängste und Traumata anzuschauen und zu erlösen und diese nicht auf andere zu projizieren. Nur gemeinsam können wir diese Krise meistern und alle Perspektiven und Gesichtspunkte sind wichtige Puzzleteile des großen Ganzen.
    In diesem Sinne , frei nach Gandhi „Sei selbst die Veränderung, die du dir von den anderen wünschst und bring Licht, Liebe und Frieden in die Welt.“
    Mit lichtvollen Grüssen
    Aurelia

  2. Sonja Eisele
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    Danke für den wichtigen Artikel Hartmut.
    Ich sehe es auch eher so, dass es darum geht, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Alternative Lösungen und Ansätze müssen gehört werden. Denn nur durch auferlegte Regeln werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit länger mit der Pandemie zu tun haben. Ich persönlich wäre den medialen Vorbildern sehr dankbar, wenn hier etwas mehr Besonnenheit anstelle eines Fingerzeigs walten würden.
    Denn, ob geimpft oder nicht – es bleibt doch wichtig, dass die Menschen umsichtig handeln. Und nach den Bildern in Köln kommt schon die Frage auf, welche Lebensbereiche Priorität haben und weswegen einzelne Anlässe die Grundregeln der Hygiene, des Abstands etc. aussparen, während Kinder in Schulen, Eltern sowie Pflegekräfte und andere Menschen in Care-Berufen die geballte Last spüren. #gegendiespaltung

  3. Martina Wenk
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    Lieber Hartmut, Du hast einerseits recht. wir leben in einer pluralistischen viele Meinungen zulassenden Gesellschaft und das ist gut so.
    Auf der anderen Seite nehmen uns die Ungeimpften mindestens seit Sommer in Geiselhaft für ihre (meist) kruden Ideen. Pflegekräfte sind am Anschlag, gut das waren sie vorher schon, Trotzdem die Pandemie der Ungeimpften, und das ist sie trotz Impfdurchbrüchen, setzt da noch einen drauf. Gastronomie und Kulturschaffende müssen schon zum zweiten Mal den ertragreichen Winter in den Wind schreiben. Das ist einfach Fakt. Von den zunehmend Rechtsabgebogenen rede ich gar nicht. Spaltungen in der Gesellschaft hat es schon immer gegeben. Erinnere dich an die 80ger, an Strauß, an den NATO-Doppelbeschluss. Da standen sich fast zwei gleichstarke Blöcke gegenüber. Jetzt ist es ein Drittel, in Bremen noch viel weniger. Sollen wir uns zukünftig von Lockdown zu Lockdown hangeln? Das Gemeinwohl wird von den Ungeimpften arg strapaziert.
    Mit solidarischen Grüßen
    Martina

  4. Isabell Schäfer-Neudeck
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    online Dialogkreis am Mittwoch, 8. Dezember, 19 Uhr
    Anmeldung an

    „Freie Schulen“ ist nun ein weiter Begriff. Damit diffamieren die Medien eben auch jene Schulen, die die „allgemeinen Regeln“ zum Umgang mit COVID befolgen und bauen ein undifferenziertes Sündenbock-Bild auf.

    Auch ich teile die Sorge um die zunehmende eindimensionale Meinungsäußerungen und Spaltungen. Als Antwort lade ich am Mittwochabend (8.12./ 19 Uhr) zu einem online-Dialogkreis ein, bei dem wir unsere Meinungen, Stimmungen, Sorgen, und das, was uns jetzt bzgl. COVID in der Gesellschaft bewegt, teilen können und uns gegenseitig zuhören, die Meinung des Anderen aushalten. Was verändert ein solcher Raum in uns?