In den letzten Tagen wurde ja rege über die vielen Demonstrationen in Lörrach geschrieben.
Auch wenn manchen Bürger_innen diese Demos vielleicht als zu zahlreich vorkommen – ist es nicht eher so, dass in der Vergangenheit zu wenig gemacht wurde? Dadurch sich viele Probleme massiv aufgebaut haben? Und auch wenn manche Anliegen fragwürdig erscheinen, das hält eine Demokratie aus.
Besonders bei dringenden Themen sind nun mal Demonstrationen ein gutes Mittel, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Denn wer kommt schon (gerade jetzt) zu solchen Veranstaltungen, wenn sie in Räumlichkeiten stattfinden? In der Vergangenheit war es oft schon eine Herausforderung, Menschen zu motivieren, ihre eigenen Rechte einzufordern und noch herausfordernder, dies auch noch für andere zu tun. Gerade in den Bereichen Umwelt, Klima und Menschenrechte wurden zu lange Probleme verneint, herunter gespielt, Aktionen belächelt.
Wenn also jetzt besonders auch junge Menschen Verantwortung zeigen und auf diese Weise Taten und Veränderungen fordern, sollte das ernst genommen und nicht als publizistisch oder überzogen empfunden werden, sondern vielmehr als Chance, auch etwas zu tun.
Wenn der brutale Akt in USA an George Floyd zum Anlass genommen wird, das Thema Rassismus auch bei uns wieder aufzugreifen, dann in erster Linie deshalb, weil eine Dringlichkeit besteht. Weil offen rassistisches Verhalten und rassistische Diskriminierung in Deutschland stetig zunimmt, im Internet, in den sozialen Netzwerken und im alltäglichen Leben.
Auch sind Defizite bei der Bekämpfung rassistisch motivierter Straftaten nicht vollends behoben. Untersuchungen der Fehler und Versäumnisse bei den Ermittlungen zu den NSU-Morden haben eine intensive und überfällige Debatte um institutionellen Rassismus in Gang gebracht.
Und da manche glauben, dass bei den Akteuren der Rassismus-Demonstrationen Selbstprofilierung im Vordergrund steht, läßt vermuten, dass die wirklichen Ausmaße gerade von Diskriminierung im alltäglichen Leben ignoriert werden, nur weil dies, oft versteckt oder auch unbeabsichtigt, für die meisten Menschen, die nicht direkt davon betroffen sind, unsichtbar bleibt. Was eine rassistische Erfahrung ist, kann im Zweifel nur die Person beurteilen, die sie gemacht hat. Man sollte sich also lieber informieren und dann auch fragen, was Rassismus mit mir selbst zu tun haben könnte und sich mit den eigenen rassistischen Handlungen und Denkweisen auseinandersetzen. Mit der eigenen Sprache und dem eigenen Unwissen, aber auch mit der eigenen Ignoranz. Es ist höchste Zeit, etwas dagegen zu tun! Rassismus darf nicht weiter normalisiert, die Gesellschaft nicht weiter in ein „wir“ und „die Anderen“ gespalten werden. Und auch der Klimawandel wartet nicht.
Menschenrechte müssen nun mal immer wieder eingefordert werden – manchmal eben auch etwas lauter. Und wenn wir wirklich eine bessere und gerechtere Welt wollen – für uns, unsere Kinder, unsere Enkel – dann kann das nur heißen: Runter vom Sofa. Empörung allein reicht nicht.
Weitere Infos unter:
https://www.amnesty.de/kampagne-gegen-rassismus-deutschland
https://www.amnesty.de/informieren/themen/klimakrise-und-menschenrechte
https://www.amnesty.de/informieren/themen/polizei-und-menschenrechte
https://www.amnesty.de/informieren/themen/massenueberwachung-privatsphaere
Peter Rapp
Die von Frau Ganter speziell adressierten Grandparents haben nach reiflicher Überlegung eine Gegendarstellung formuliert, die Vitus Lempfert am 28.07. abgeschickt hat. Man darf gespannt sein, was davon gedruckt werden wird. Einige von Frau Ganter’s Aussagen sind nämlich schlicht unrichtig und leicht widerlegbar. Daneben legt ihr Kommentar miese Laune an den Tag und streut negative Konnotationen. Sowas ist freilich in keiner Weise „justiziabel“, aber ich halts journalistisch für einen miesen Stil.
Schade irgendwie, denn von anderen BZ-Autoren ist zur Klimaproblematik und vielen verwandten Themen ganz viel Konstruktives und Kreatives zu lesen.
Gruß in die Runde !
Peter Rapp
Ulrike Schäfer
Lieber Hartmut,
danke für deine Ansicht. Das mit der Herausforderung von Auseinandersetzungen sehe ich als ebenso wichtig an, deshalb der Beitrag. Ausschlaggebend waren eben die vermehrten Kritiken in der Zeitung zu diesem Thema. Denn heißt es nicht auch: Schweigen bedeutet Zustimmung?
Ebenso sollte immer bedacht werden: Wir sind ja alle keine Profis – die Engagements finden neben Beruf, Ausbildung, Familienleben, eigenen Problemen statt. Deshalb sind auch jederzeit Mitbürger_Innen herzlich willkommen, die sich mit Ideen und Tatkraft in die Gruppenarbeit einbringen wollen.
https://www.badische-zeitung.de/leserbriefe-xdryshwix–188904801.html
https://www.badische-zeitung.de/leserbriefe-xr736wwax–189018056.html
https://www.badische-zeitung.de/marktgefluester-irgendwas-ist-ja-immer–189017915.html
Hartmut Schäfer
Liebe Ulrike,
danke für deinen Kommentar in der Sache. Frau Ganter und co polarisieren ja sehr gerne und wollen damit vielleicht gerade diese Auseinandersetzung herausfordern, Kollateralschäden in Kauf nehmend.
Als ich nach Lörrach kam war es hier schon verschlafen. Jetzt lenkt man Grafittis in erlaubte Zonen und Zivilgesellschaftliches Engagement in alle 5 Jahre stattfindende Prozesse. Immerhin. Wenn Bürger*innen sich überdies artikulieren wollen, dann ist eine Demo ein probates Mittel – weiter so.