von Martina Wenk
Je mehr wir wissen, um so mehr steigt das Nichtwissen. Je eindeutiger die Sachverhalte sind, um so lauter werden die Zweifel an den unstrittigen Wahrheiten.
Man will sich an den Kopf langen angesichts dessen, was Pandemieleugner und Klimawandelabstreiter vorbringen. Man könnte es als Nischenmeinung einer zwar lauten aber doch kleineren Minderheit abtun, wenn dem ganzen nicht eine Methode zugrunde läge. Der Deutsch-Französische TV-Sender Arte widmete sich dem organisierten Nichtwissen. Nichtwissen, oder eigentlich Agnotologie ist ist eine noch recht junge wissenschaftliche Disziplin. Nicht um das noch Nicht-Erforschte geht es, sondern um die gezielt gestreuten Zweifel, die allgemeingültige Erkenntnisse desavouieren sollen.
Klimawandelleugnern machte es dieser Winter wieder leicht, wir hatten tatsächlich Schnee sogar hier in Lörrach. Also alles nur Lüge, um den Menschen die Fernflüge und die Autos wegzunehmen. Für die lauten zehn Prozent ist dem so. Je lauter sie werden, um so größer könnte ihre Wirkung werden. Das undefinierbare persönliche Grummeln wird von der vermeintlich großen Gruppe der Bescheidwisser aufgesogen, die Machtlosen fühlen sich mächtig zusammen. Die sozialen Medien tun ein übriges, um solche Echokammern groß zu machen. Die Agnotologen widmen sich in ihrer Forschung den Strukturen dieser Wissenschaftsleugnung. Bit Tobacco ist jahrzehntelang gegen die Erkenntnis zu Felde gezogen, wie gesundheitsschädlich der Tabakkonsum ist. Alles Mögliche wurde untersucht, überall sonst wurden Ursachen für Lungenkrebs erforscht. Im März geborene sollten eher an Lungenkrebs erkranken als alle übrigen und selbst die Relation von Glatzköpfigkeit zur Krebserkrankung war den Tabakkonzernen eine finanzierte Studie wert. Und Big tobacco wusste um die Gefahren. Mit ihrer konzertierten Aktion sollten vermeintlich wissenschaftlich begründete Aussagen Verwirrung stiften, um so Veränderung zu verhindern. Veränderung, die anderes Wirtschaften bedeuten würde. Die Kampagne von Big Tobacco ist wohl die am besten dokumentierte Hinterzimmeraktion der Großindustrie zur Sicherung von Profit, der buchstäblich über Leichen geht. Sie ist aber nicht die einzige. Ob Asbest, Bienensterben durch Pestizide (Hier ist auch der March against Monsanto in Basel kurz zu sehen) oder Bisphenol A im Kunsstoff, wenn gut funktionierende Geschäftsmodelle angegriffen werden, wird relativiert, abgelenkt und bloßgestellt.
Da hilft nur fairNETZen auf der anderen Seite, (noch) setzt sich Wissen durch, wenn auch deutlich langsamer als zu wünschen wäre.
https://www.arte.tv/de/videos/091148-000-A/forschung-fake-und-faule-tricks/ verfügbar bis 23.04.21
Bildquellen
- March against Monsanto_mdw2018: Martina David-Wenk 2018
- Bienensterben_mdw2018: Martina David-Wenk 2018