fairNETZt ist überparteilich und unabhängig, setzt sich für zivilgesellschaftliches Engagement zur Stärkung des Wandels hin zu mehr sozialem Miteinander, ökologischer Nachhaltigkeit und lokaler Wirtschaftskreisläufe ein. Vor diesem Hintergrund erlauben wir uns, als Anregung der Diskussion über die Aufgaben der Stadt gerade auch für die Menschen, denen es nicht so gut geht wie den meisten von uns, den von Sabine Schuhmacher, Attac-Mitglied und Mitglied im Gemeinderat, erhalten offenen Brief abzudrucken.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Lutz,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Neuhöfer-Avdic,
sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,
am 17. Dezember eröffnete die Stadt in Kooperation mit „Amnesty International“ und „UNICEF“ in einem feierlichen Festakt einen Menschen- und Kinderrechtsweg in Lörrach. Im selben Monat kreuzten zwei Seenotrettungsschiffe mit insgesamt 49 auf See geretteten Menschen an Bord im Mittelmeer und baten dabei die Staaten Europas verzweifelt um Aufnahme der Schutzsuchenden. Keine der europäischen Regierungen signalisierte Unterstützung und auch Deutschland verweigerte seine Hilfe! Dem entgegen steht eine große Hilfsbereitschaft von mehr als 30 deutschen Gemeinden,die sich als sicherer Hafen für die Geflüchteten anbieten und kleine Gruppen der Schutzsuchenden in ihren Ortschaften aufnehmen wollen. So auch Rheinfelden und Schopfheim. Die Seenotrettung und das Verbringen von Geretteten in einen sicheren Hafen gehört zu den internationalen humanitären Verpflichtungen.
Von daher wende ich mich hiermit heute an die Stadt und den Gemeinderat mit der Bitte, sich aktiv für die Seenotrettung geflüchteter Menschen auf dem Mittelmeer einzusetzen …
- durch die Würdigung des Engagements der Seenotretter*innen, die sich ehrenamtlich auf NGO-Schiffen engagieren, um in Seenot geratene Menschen zu retten,
- durch die zusätzliche Aufnahme von aus Seenot Geretteten in Lörrach,
- durch Initiativen, die sich im Rahmen des Deutschen Städtetages für die Schaffung gesetzlicher Grundlagen zur erleichterten Aufnahme von Flüchtlingen durch Bund und Länder einsetzen,
- durch Veröffentlichung aller diesbezüglichen Aktivitäten, damit Lörrach als „sicherer Hafen“ bekannt wird,
… und der Frage, ob auch Lörrach ein humanitäres Zeichen der Solidarität setzen will und sich den Städten anschließt?
Begründung:
Seenotrettung und die Verbringung Geretteter in einen sicheren Hafen, ist eine internationale humanitäre Verpflichtung, die für die EU und ihre Mitgliedsstaaten gleichermaßen gilt. Nach internationalem Seerecht und seemännischer Tradition ist jeder Schiffsführer auf hoher See innerhalb seiner Möglichkeiten verpflichtet, unabhängig von Nationalität, Status und Umständen, in welchen sich die Hilfesuchenden befinden, bei Seenot unverzüglich Hilfe zu leisten, wenn er über eine konkrete Notsituation informiert wird. Mit der SAR-Konvention haben sich die Staaten verpflichtet, bei Seenot ebenfalls Hilfe zu leisten, Hilfesuchende medizinisch zu versorgen und schnell an einen sicheren Ort zu bringen.
Die staatliche Seenotrettung im Mittelmeer muss unverzüglich wieder aufgenommen und die Kriminalisierung nichtstaatlicher Seenotretter beendet werden. Die dramatische Zuspitzung bei der privaten Seenotrettung ist die Folge daraus, dass die Europäische Union bisher keinen gemeinsamen, gerechten und humanitären Umgang mit der Verteilung von Geflüchteten gefunden hat. Eine solche solidarische europäische Lösung muss nach wie vor das Ziel der politischen Bemühungen sein. Ebenso wie geordnete Verfahren und die Aussicht auf sichere Fluchtwege, die Menschen vor den tödlichen Gefahren der Flucht befreien. Neben vielen weiteren Städten in ganz Europa, wollen mehr als 30 Städte in Deutschland nicht länger untätig sein und der humanitären Katastrophe zusehen. Deshalb haben die Gemeinden sich zum „sicheren Hafen“ für aus Seenot gerettete Menschen erklärt und ihre Bereitschaft bekundet, zusätzlich solche Geflüchtete aufzunehmen.
Als Bürgerin und Gemeinderätin der Stadt Lörrach, appelliere ich an Sie, dem Beispiel anderer Gemeinden wie den Nachbarstädten Rheinfelden und Schopfheim zu folgen. So kann der Druck auf die Verantwortlichen, den es offensichtlich braucht erhöht werden, damit sie die eingegangenen internationalen Verpflichtungen in Europa im Sinne von Humanität und Menschenrechten erfüllen und ein direktes Hilfsangebot schaffen bis ein koordiniertes, auf europäischer Basis funktionierendes System realisiert ist, welches diesen Verpflichtungen in angemessener Form gerecht wird und so unseren gemeinsamen Werten zur Geltung verhilft.
Herzliche Grüße
Sabine Schumacher